Uta Neumann

Geberge

»Denn man muss dem Sein von drinnen auch ein Schicksal im Draußen geben«

Gaston Bachelard

 

»Uta Neumanns Bilder sind dicht. Zu. Voll. Voller Sein und Wollen. Man kommt kaum hinein, und wenn man drin ist, kommt man schwer wieder heraus. Sie ziehen stark an. Eine Sehnsucht, die weh tut. Eine Schönheit, die blenden würde, wären die Bilder nicht so stumpf. Auf sanfte Weise trüb, wie durch Nebel gesehen. Meistens grau. Neumann macht es einem nicht leicht. Sie hat es nicht leicht. Aber sind ihre Bilder schwer? Sie sind vor allem sehr still. Ein bißchen wie eine Decke. Und wie eine Decke legen sie sich um denjenigen, der sich ihnen anvertraut. Der sich das zutraut. Wer diese Bilder wagt, den fangen sie auch auf. Denn sie sind, was sie darstellen: Bergendes. Wir sehen Orte, wie Uta Neumann sie seit ihrer Kindheit suchte und sucht, wenn sie Schutz braucht. Schutz vor dem anderen, den anderen, vor sich selbst. Vor einem Leiden an der Frage, am Fragen und an der Antwort. »Überall traf ich auf mich« – diese Zeile, irgendwo gelesen, wirkt wie eine Beschreibung der Bilder und zugleich wie eine Beschreibung des Zustandes, in dem diese Bilder gemacht wurden: Uta Neumann spricht selbst vom »Fotorausch«, wenn sie mit der Kamera loszieht, um nach einer Geborgenheit Ausschau zu halten und diese ins Bild zu nehmen: bergende Formen wie Schale, Schuppen, Höhle, Hütte, Ummantelung, geschützter Ausblick, Haltepunkt, Wand. »Das Fotografieren, der Prozess, das Umherwandern und Suchen hat mir immer – und tut es noch – eine starke Befriedigung geschaffen, die mich glücklich macht. Das Suchen in Bildern verbindet mich mit der Welt. Vielleicht ist es auch gerade das Rausgehen und wieder zurückkehren in sich, um das Wertvolle wiederzukennen. So wie eine Reise zu machen, um das Heim wieder als wertvoll und geborgen zu empfinden. Das Ausreißen um der Wiederkehr Willen.«

Eine wichtige Inspiration für Uta Neumann bestand während der Vorbereitung der Ausstellung in der Poetik des Raumes von Gaston Bachelard. Sie fand dort Beschreibungen von inneren und äußeren Bildern sowie sprachliche Bilder, die durch den Text erst entstehen. Mitunter las sie Bachelards Ausführungen wie Gedichte. Und auch ihre Bilder können wir wie visuelle Gedichte auf uns wirken lassen. » (…) über das in einem Winkel zusammengefaltete All, über den in sich selbst versunkenen Träumer, werden uns die Dichter mehr sagen« – oder Uta Neumann.« (Anna Zika)

Die Arbeiten »Geberge« ist von 2009 bis 2012 entstanden und in dieser Auswahl im Oktober 2012 in der es Gallery Meran/o ausgestellt worden.

 

Uta Neumann hat 2003 ihr Diplom bei Prof. Emanuel Raab und Prof. Anna Zika an der Fh-Bielefeld gemacht.