Johanna Saxen

Zweithaut – Considering Jessi

Mit der Arbeit »Zweithaut – Considering Jessi« versucht Johanna Saxen an eine Vorstellung zu gelangen, wie man sich mit seinem eigenen Körper auseinandersetzen muss, wenn man anhand körperlicher Merkmale nicht exakt dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen ist, sondern etwas von beiden Geschlechtern in sich trägt. Sie begleitete die Intersexuelle Jessika- Katharina, aus deren Lebensgeschichte deutlich wird, dass die binären Geschlechterkonstruktionen in der heutigen Gesellschaft für vermeintlich nicht Dazugehörende zu einem komplexen und immer wieder neu zu konstruierenden Lebensalltag führt. Dem Betrachter gilt es seine festen heteronormativen Vorstellungen von Mann und Frau aufzugeben, um die Existenz Intersexueller nicht länger zu gefährden.

Ausschnitte aus einem Interview vom 27.6.2010
Befragter: Jessika-Katharina
Interviewer: Johanna Saxen

[…] „Angefangen hat es eigentlich mit den Erinnerungen daran: Als Kind gab es diese Scherenschnittbilder/Schattenbilder- da saß ich dort und hab auf das Ergebnis gewartet und war sehr enttäuscht darüber was das Ergebnis war: Ist ja klar mit kurzen Haaren kann man nicht erwarten, dass man aussieht wie eins der anderen Mädchen.“ #00:01:37-3#

Ich war offiziell ein Junge- bin als solcher im Geburtsregister noch geführt, das heißt ich habe immer noch den Geschlechtseintrag männlich- bin aber vom Optischen und vom Denken her und überhaupt vom Wesen her eigentlich sehr weiblich ,zumindest nehmen die meisten mich so wahr.“ #00:03:01-0#

„Um überhaupt existieren zu können fordert die Gesellschaft von mir zu Wissen, ob ich männlich
oder weiblich bin. Für die Gesellschaft ist es wissenswert. Ich weiß es aber nicht.“ #00:16:29-6# […] „Ich kann mich ja mittlerweile mit der Geschlechterrolle, die ich habe ganz gut anfreunden. Es wird aber auch immer ein Problem sein.“ #00:16:55-7#

[…] „Ich kann nicht sagen, dass ich unglücklich bin mit dem Ergebnis, was ich jetzt gefunden habe, dass ich mich einfach nicht zuordnen kann.“ #00:47:31-2# „Ich wünsch mir ganz einfach, dass das Geschlechtersystem geöffnet wird- dass man aus der binären Geschlechterebene raus kommt. Das die ein bisschen weiter geöffnet wird. Dass da einfach auch eine Chance zum Überleben geboten wird. Dass man sich nicht nur Schwarz und Weiß zuordnen muss sondern auch irgendwie sich die tollen bunten Farben dazwischen aneignen kann.“ #00:53:08-0#

Johanna Saxen studierte von 2007 bis 2011 Fotografie & Medien an der FH Bielelfeld. Ihre Arbeit »Zweithaut – Considering Jessi«
entstand unter Betreuung der Lehrbeauftragten Dr. Wiebke Leister und war in der Ausstellung »Figuring out, Taking shape, Facing in« im Oktober 2010 in London zu sehen.