Hanna Linnove
tinyfinnish
»You are beautiful. I love photography and art, too. We should have sex.«
Es scheint wie eine Rechenaufgabe, deren Lösung sich Intimität und Nähe nennt und die sich aus dem Zusammenzählen von Attraktivität und Gemeinsamkeit ergibt. Du und Ich werden zum Wir, Zweisamkeit entsteht und schenkt dem gerade eben noch Fremden, unverhofft Wahrhaftigkeit. »The world’s hottest app« (Forbes), Tinder, lädt Menschen weltweit zu einer virtuellen »Never-Ending-Lovestory« ein und treibt die Suche nach Ms. Perfect oder Mr. Right auf die Spitze aller zwischenmenschlichen Beziehungen im Digital Age.
Jeder glänzt, alles strahlt, alle Türen scheinen geöffnet.
»Tinder is where people meet. It’s like real life, but better.« (Tinder)
Doch wie viele Türklinken werden tatsächlich berührt? Wem wird die Hand geschüttelt und wie fühlt es sich an, dem realen Körper einer virtuellen Projektion gegenüber zu stehen?
In dem fotografischen Experiment » tinyfinnish« gelingt es der finnischen Fotografin Hanna Linnove visuelle Antworten zu gestalten.
Ein Tinder-Account, ein dreiwöchiger Aufenthalt in Austin, Texas. Eine junge Frau aus Finnland und zahlreiche Avancen Amerikanischer Männer, die ihre Finger nicht vom digitalen Charakter Hanna Linnoves lassen können – Match!
Einer von ihnen teilt Hanna’s Interesse an elektronischer Musik; der andere empfindet eine ähnlich starke Sympathie für Hauskatzen. »Eigentlich kann man auf Hanna’s Profil alles über sie erfahren, nur nicht, ob sie Eiscréme möge.« , so einer der Tinder-Kandidaten.
Dem fremden Digitalen gibt Hanna Linnove in »tinyfinnish« einen Raum, einem digitalen Fremden ein Gesicht. Den Rahmen der Arbeit darf der Betrachter dabei selbst bestimmen.
Schlussendlich bleibt jedoch eine Frage offen: Mag Hanna nun Eiscréme, oder nicht?
Hanna Linnove studiert seit 2015 als finnische Austauschstudentin an der FH Bielefeld. Die fotografische Arbeit »tinyfinnish« entstand 2015 im Rahmen der Texas-Exkursion »Still looking for Bret« unter der Betreuung von Prof. Axel Grünewald.